Ins Reich der Mitte mit dem Orient-Express
Für die Strecke von Ulaanbaatar nach Peking am 29. Juni 2017 hatten wir wieder ein Vierer-Abteil gebucht. Nach den gemachten Erfahrungen im letzten Vierabteil (lies auch unseren letzten Beitrag über Ulaanbaatar) auf der Fahrt nach Irkutsk freute ich mich auf die kommende Zugfahrt ins Reich der Mitte daher nur mittelmäßig. Ich wurde aber positiv überrascht. Was so Erwartungen alles ausmachen bzw. auch kaputtmachen können! Wir hatten einen viel älteren Zug und einen ziemlich niedrigen Standard erwartet, aber die Inneneinrichtung war hell und freundlich und es schien auf den ersten Blick ziemlich sauber zu sein.
Ewig weite Landschaften
Anfangs waren wir auch noch alleine in unserem Abteil und konnten uns richtig ausbreiten, in Ruhe frühstücken und die vorbeiziehende Landschaft genießen. Ich kann es nur nochmal betonen: Die Landschaft ist einfach nur wahnsinnig schön! Die sanft geschwungenen Hügel, das Grün der Wiesen, zwischendrin grasende Tiere und ein weiter Blick in die Ferne ohne das irgendeine Ortschaft zu sehen ist.
Unsere Mitfahrer stiegen beim ersten Stop, der nach ungefähr fünf Stunden war, ein. Es waren ebenfalls zwei Deutsche, die ein paar Tage vor uns in Moskau gestartet waren und nun eine kleine Mongolei-Rundereise mit Übernachtungen in verschiedenen Jurten-Camps hinter sich hatten. Nun war unser Abteil also komplett. Wir kamen sofort ins Gespräch und haben fast die ganze Zugfahrt, bis auf die Nacht, nur geredet. Es wurden nicht nur die Reiseerfahrungen der letzten Tage/ Wochen wurden ausgetauscht, sondern auch über Gott und die Welt geredet. Einer der beiden war Wirtschaftsprofessor und hatte bereits 20 Jahre in China und davon einige Zeit in Peking gelebt. Von ihm konnten wir glücklicherweise auch noch einige „Insider-Tipps“ bekommen. Die beiden waren wirklich angenehme Mitreisende, auch wenn sie ziemlich geschnarcht haben 🙂
Die Landschaft verändert sich, Gobi kommt
Während wir gequatscht haben, wurde die sich langsam verändernde Landschaft natürlich nicht aus den Augen gelassen. Die sanften, grünen Hügel verschwanden und das Land wurde platter, trockener. und stellenweise sandig. Die Wüste Gobi lag vor uns. Wir brauchten mit dem Zug insgesamt ungefähr sechs Stunden um diese zu durchqueren. Durch das immer gleichbleibende Landschaftsbild bekam man hier, wie ich finde erstmals, ein wirkliches Gefühl für die enorme Weite, die Distanz und die Zeit.
Da wir Grenzübergänge so lieben und gerne stundenlang wartend im Zug sitzen, endet die Etappe auch nicht nach der Wüste, sondern führt über die chinesische Grenze bis nach Peking. Zunächst waren die Mongolischen Beamten dran um alles zu kontrollieren. Im Vergleich zur Einreise waren diese nun ziemlich lapidar unterwegs. Am Grenzbahnhof der Chinesen lief auf wundersame Weise auch alles recht effizient ab und verschiedene Beamten haben uns der Reihe nach und in nur kurzem zeitlichen Abstand „besucht“. Dennoch stand unser Zug ewig im Bahnhof rum. Nach der Grenzkontrolle wurden wir auch wieder auf die Schmalspur umgespurt; also das gleiche Prozedere wie an der weißrussischen Grenze nur rückwärts. Laut Schedule sollte das ganze 260 Minuten dauern. Die Weißrussen haben dafür definitiv nicht so lange gebraucht. Die Warterei war diesmal nicht so das Problem, denn wir waren mittlerweile an das Warten gewöhnt und hatten ja auch gute Unterhaltung. Das Problem war, dass a) die Toiletten abgeschlossen werden, wenn der Zug steht und b) auch der Heißwasser-Automat (hier gab es keinen Samowar mehr) nicht mehr funktioniert. Doof, wenn man eines von beiden dringend benötigt :-/ Als unser Zug um kurz vor Mitternacht noch immer in der Umspurhalle stand, hat sich unser Abteil schlafen gelegt. Das Abendessen fiel damit aus. Die Nudeln gab es dann zum Frühstück.
Guten Morgen in China
Die Etappe von der Mongolei nach Peking war landschaftlich die bisher abwechslungsreichste. Als wir am nächsten Morgen aufwachten, sah man große Maisfelder, mystische Berge, deren Gipfel im Dunst verschwanden und eine im Vergleich zu Russland und der Mongolei starke Bebauung. Die vielen Kraftwerke mit jeweils einer Menge Kühltürmen, die wir passiert haben, sind mir gut in Erinnerung geblieben. Etwa 45 Minuten vor der geplanten Ankunftszeit waren wir an der Stadtgrenze von Peking und ab dann reihte sich ein Haus ans nächste.
Während der Fahrt von Ulaanbaatar durch die Mongolei hat sich die Landschaft bis zur Wüste Gobi wirklich stark innerhalb von einem halben Tag verändert. Alle Fotos findet ihr in der Bildergalerie zur Transmongolischen Eisenbahn 2. Lies auch unseren nächsten Beitrag zu Beijing.