Fahrt mit der Hochgebiergsbahn
Die Zugfahrt von Lhasa in Tibet bis nach Chengdu dauert lange 41 Stunden mit der Qinghai Tibet Railway. Auf der Karte sieht die Entfernung Lhasa (lies auch unseren vorherigen Beitrag zum Everest Base Camp) – Chengdu gar nicht so weit aus, aber die Züge fahren alle über Xining, sodass wir den ersten Teil der Strecke bereits „kannten“. Als Abteilnachbarn haben wir diesmal ein älteres Ehepaar, wobei er sich nur tagsüber bei uns aufhält, da sein Bett im Abteil nebenan ist. Das vierte Bett ist die erste Nacht leer und wir sind gespannt, wer da noch so zu uns stößt. Auch wenn die Kommunikation nur durch Gestikulieren funktioniert, sind beide doch sehr sympathisch und versorgen uns mit sämtlichen Nahrungsmitteln, die sie in einer riesigen Tüte verstaut haben. Dass wir soooo ausgehungert aussahen wage ich zu bezweifeln, dafür war und ist das chinesische Essen im Großen und Ganzen einfach zu gut (gewesen).
Etwas Obstruse Abfahrt mit der Qinghai Tibet Railway
Die Zugfahrt beginnt aber so typisch chinesisch, wie die vorangegangene Kontrolle im Bahnhof. Bereits beim Einsteigen wird standardmäßig der Pass und das Ticket kontrolliert und ob hier die Daten übereinstimmen. Die minimale Kommunikation, die hierbei stattfindet, wird unsererseits in Englisch geführt, auch wenn wir nicht sicher sind, ob der Gegenüber uns versteht. Bei uns passt alles und so dürfen wir den Zug betreten. Der Zug fährt gerade an und wir haben es uns in unserem Abteil gemütlich gemacht als der Abteilschaffner den Kopf bei uns reinsteckt und uns in gebrochenem Englisch fragt woher wir denn kämen. Unsere Antwort: „We are from Germany“. Verdutzter Blick des Schaffners und er verschwindet. Es dauert nicht lange und dann steht ein Polizist (es fährt wohl immer einer im Zug mit) vor uns und fragt erneut, wo wir denn herkämen und dann beginnt ein merkwürdiger Dialog:
Unsere Antwort: „We are from Germany“.
Polizist: „You are from Germany? „
Wir: „Yes“
Polizist: „No, you are not from Germany. You are from America!“
Wir: „No, we are from Germany“
Polizist: „But you speak English. You are from America!“
Nach dieser Aussage habe ich innerlich erstmal gelacht und versucht es so gut es geht nicht nach außen zu zeigen:-) Der Gute hält auch mittlerweile unsere Reisepässe in der Hand, aber so wirklich glaubte er uns immer noch nicht. Blöderweise steht auch vorne auf dem Reisepass nur Bundesrepublik Deutschland und keine englische Bezeichnung drauf. Die findet man erst innen beim genauen Suchen. Er blätterte die Pässe ein bisschen durch, aber scheinbar fand er nichts was ihn endgültig überzeugte, dass wir keine Amerikaner sind und die Pässe einfach irgendwo geklaut haben. Es ist schon ein bisschen absurd das Ganze. Da steht einer mit deinem Reisepass in der Hand, in dem ein Foto von dir drin ist und er glaubt du seist von wo ganz anders. Schließlich fragte er nach unserem Tibet-Permit. Auf dem Permit steht nur unser Name und es sind ein paar Stempel drauf. Das hat ihm aber dann als Beweis gereicht, er war zufrieden und ist gegangen.
Nach der Aufregung gabs dann Abendessen (für jeden einen Nudeltopf), ein Bier und ab ins Bett. Am nächsten Morgen wurde ich dann ziemlich zeitig – es war noch dunkel – von genüßlichem Schmatzen geweckt. Unser chinesisches Ehepaar hat ziemlich geräuschintensiv gefrühstückt. Es hat mich ja gefreut, dass den beiden das Essen geschmeckt hat, aber ich bin andererseits auch froh, dass wir das in Deutschland anders zum Ausdruck bringen können. Am späten Vormittag wurde das vierte Bett dann auch belegt: Eine Mutter mit ihren zwei kleinen Kindern ist zugestiegen. Jetzt wurde es definitiv eng. Die Drei sind aber ab Abend bereits wieder ausgestiegen, sodass sich die Frage, wie wollen die zu dritt in dem kleinen Bett schlafen, erübrigte. Die beiden Kinder waren am Anfang noch etwas schüchtern gegenüber uns, aber Jean ihnen dann Schokolade angeboten hat, war er ihr Held. Nachdem das kleine Schokostück genüsslich gelutscht wurde, gingen die leuchtenden Augen immer abwechselnd zwischen ihm und der noch vorhandene Schokolade hin und her in der Hoffnung, dass er nochmal was anbietet. Im Gegenzug wurden wir mit Erdbeermilch und Trinkjoghurt versorgt:-) So lässt es sich gut leben und die Zeit verging ziemlich schnell.
Als wir am Abend im Flur standen um den anderen Platz zum Abendessen zu machen, hat uns ein junger Chinese angesprochen. Über die Uni war er bereits ein Jahr in Schottland und er plant ab September ein weiteres Jahr in Schottland zu sein. Wir haben uns nett über vieles unterhalten und Berry, so sein englischer Name (den chinesischen konnten wir uns leider nicht behalten) sollte uns am nächsten Tag noch eine gute Hilfe sein.
Umsteigen in Nanchongbei
Als wir am nächsten Tag aufwachten, hatte unser Zug bereits Verspätung. Wie wir von Berry erfahren haben, war wohl irgendwo ein Erdbeben, sodass der Zug erstmal nicht weiterfahren könnte. Damit war klar, dass wir unseren Anschlusszug von Nanchongbei nach Chengdu nicht erreichen würden. Berry hat das dann für uns mit der Abteilschaffnerin geregelt. Die würde wiederum mit dem Zugmanager reden und dieser das dann mit dem Stationsmanager in Nanchongbei am Bahnhof. Die Zeit im Zug haben wir dann damit überbrückt indem wir uns von Berry haben Tipps für Chengdu geben lassen. Wo kann man am besten Hot Pot essen? Was nimmt man am besten für Zutaten? Was heißt „bitte nicht so scharf“ auf chinesisch? Außerdem hat er uns eine kleine Einführung in die chinesischen Schriftzeichen gegeben.
In Nanchongbei hat dann alles wunderbar geklappt. Wir konnten unser verfallenes Zugticket gegen ein neues eintauschen ohne dafür nochmal bezahlen zu müssen und so saßen wir nach einem kurzen Aufenthalt am Bahnhof-Wartesaal im Schnellzug nach Chengdu. Danke Berry für die Unterstützung!
Mit guten drei Stunden Verspätung haben wir dann unser Hotel in Chengdu erreicht. Lies mehr in unserem nächsten Beitrag zu Chengdu.